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Mittwoch, 24. Juni 2015

Die Welt der Megrelen









Das Ziel sind die Swaneten – in der Provinz Swanetien





Die Adscharen haben ihr Kapitel schon erhalten, auf den Besuch der Chewsureten in Chewsuretien haben wir verzichtet, weil nur die Hälfte der Strasse zu ihnen befahrbar ist, wir waren aber in Mtiuleti bei den Mtiuleten, in Dshawachetien bei den Dshawacheten, in Kachetien bei den Katecheten und in Imeretien bei den Imereten. Nicht besuchbar sind die abtrünnigen Abchasen und Südosseten. Und jetzt soll es erst mal zu den Megrelen gehen, und hinter ihnen zwischen hohen Bergen sind die Swaneten zu Hause. Ihr Hauptort ist Mestia, also heissen dessen Einwohner wohl Mestizen. Der Reiseführer ist diesbezüglich sehr anregend. Und lehrreich – Korrektur: In Swanetien leben nicht die Swaneten, sondern die Swanen. Also heissen wohl die Bewohner Kachetiens weder Katecheten, noch Kacheten, sondern Kachen. Sind die Menschen von Kartvelien die Kartvelen oder bloss die Karten? In Mamlukien leben wohl die Mamluken, in Espien die Espen, in Kalmükien die Kalmüken, dann wären noch die Achämeniden, die Makrelen, die Bagratiden und die Transvestiten.
Die Megrelen sind das Volk der Treppenbauer. Sie leben in flachem und sehr fruchtbarem Gebiet. Daher wachsen um ihre Häuser herum viele Bäume, Büsche und Sträucher. Sie würden also, wenn sie aus dem Fenster schauen, nicht viel sehen. Also haben sie sich über Generationen weitervererbt, die Häuser auf Pfähle zu stellen oder ein zweites Stockwerk zu bauen, welches über eine pompöse geschwungene oder zweiläufige Aussentreppe erreichbar ist.






Auch was die Grabbaukunst betrifft, lieben sie es pompös. Und überdacht.




Die Kuhdichte in Megrelien ist ebenfalls, um beim Wort zu bleiben, pompös. Dass die Kühe und Schweine in Georgien freilaufmässig gehalten werden (es werden nicht die Kühe eingezäunt, sondern die Wiesen, die sie nicht betreten sollen), daran hat man sich als Autofahrer innerorts und ausserorts zu gewöhnen. Insbesondere daran, dass die Kühe gegen den Verkehr resistent sind. Sie stehen, liegen und gehen auf der Strasse in stoischer Ruhe, so dass auch die ungeduldigen Huper keine Chance haben. Ein leichtes Anstupsen mit der Stossstange hilft besser. Wenn man noch eine dran hat.




In Megrelien finden sich unzählige Beispiele für Kunst am Bau. Was in Westeuropa in den letzten 20 Jahren als Wegwerf-Kunst aus den Verkehrskreiselböden schiesst, ist hier schon viel früher zur Blüte gereift. Das Gesicht einer Tankstelle wurde nicht von den wiederkehrenden, vorgeschriebenen Farben und Logos von BP oder Shell bestimmt, sondern deren Bemalung und Beschriftung wurde mit der Natur in Einklang gebracht und die Tankstelle als Ort des Rastes und der Begegnung förmlich in sie eingebettet. Das Hallenbad aus alter sowjetischer Zeit steht immer noch. Ohne Wände und ohne Wasser, aber mit Mosaiken verziert auf der grünen Kuhwiese. Klein- und Kleinstläden säumen Wegesrand und Fluren, und ihren Formen und Farben sind keine Grenzen gesetzt. – Oh Megrelien, oh Eingangstor zur Bergwelt Swanetiens!